Die vegane Lebensmittelindustrie befindet sich in Australien auf einem stetigen Wachstumskurs, sodass die Fleischverarbeitung zunehmend in Bedrängnis gerät.
Sieht die Zukunft der Fleischverarbeitung nicht nur in Australien düster aus?
Der vegane Lebensstil ist auf dem Vormarsch. Immer mehr Menschen ändern in den Industrieländern ihre Ernährungsgewohnheiten, denn die Vorteile einer pflanzlichen Ernährung sind unbestritten. Auch in Australien ist dieser Trend seit einigen Jahren zu beobachten, sodass sich die Lebensmittelkonzerne und Fast-Food-Ketten darauf eingestellt haben. Das Angebot an pflanzenbasierten Lebensmitteln wächst ständig und verdrängt entsprechend Fleisch- und Milchprodukte.
Gleichzeitig steigen die Preise für Fleisch und der Export des Fleisches ins Auslands wird ebenfalls teurer. Aufgrund dieser Entwicklungen kämpfen die Branchen der Milch- und der Fleischverarbeitung in Australien mit großen Problemen. Vegane Lebensmittel ersetzen australische Fleisch- und Milchprodukte. Es stellt sich die Frage, wie die Entwicklung weiter verlaufen wird und ob der Trend auch in Deutschland und den anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft ähnlich verläuft.
Vegane Lebensmittelindustrie wächst auf Kosten der Fleischverarbeitung
Eines der größten Gesundheitsprobleme in den Industrieländern ist das Übergewicht, das inzwischen leider zum Massenphänomen geworden ist.
- 2014 gab es weltweit mehr als 600 Millionen adipöse Menschen
- die Zahl der an Adipositas Erkrankten hat sich seit 1970 versechsfacht
- weltweit sind 10,8 Prozent aller Männer krankhaft fettleibig
- weltweit sind 14,9 Prozent aller Frauen krankhaft fettleibig
- in Deutschland sind 60 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen übergewichtig
Aufgrund dieser Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen versuchen, ihre Ernährung zu ändern, um insgesamt gesünder zu leben, denn tierische Lebensmittel enthalten tendenziell mehr Fett und Kalorien. Übergewicht fördert Herz- und Kreislauferkrankungen, Gelenkerkrankungen, Diabetes und sogar Krebs. Die vegane Ernährungsform gilt als gesünder und wird deshalb von vielen Menschen angestrebt, die darüber hinaus aus Gründen des Tierschutzes auf Fleisch- und Milchprodukte verzichten wollen. Auch wenn nicht alle ernährungsbewussten Konsumenten Fleisch komplett ersetzen, bemühen sich viele sogenannte Flexitarier den Fleischkonsum zumindest stark einzuschränken.
Immer mehr australische Coffee-Shops bieten Getränke auf Pflanzenbasis statt auf Milchbasis an. Das wachsende Bewusstsein für Gesundheit und Fitness ist ein wichtiger Grund, weswegen die Menschen nicht nur auf Kalorien, sondern vor allem auf tierische Fette verzichten.
Steigendes Umweltbewusstsein führt zu sinkendem Fleischkonsum
Neben der Sorge um die eigene Gesundheit und den Tierschutz ist insbesondere das gestiegene Umweltbewusstsein ein Grund für den Verzicht auf Fleischprodukte. Die Menschen werden sich immer mehr den Folgen des westlichen Lebensstils bewusst und somit erfolgt in großen Gruppen der Bevölkerung ein Umdenken. Die Fleischverarbeitung ist für einen beträchtlichen Anteil des CO2-Ausstoßes verantwortlich, der wiederum zum Klimawandel führt. 18 Prozent der schädlichen Treibhausgase stammen von der tierischen Landwirtschaft. Einer Studie zufolge haben die drei größten fleischverarbeitenden Unternehmen weltweit mehr CO2-Emissionen verursacht als ganz Frankreich.
Die Haltung von Schlachtvieh ist außerdem sehr boden- und wasserintensiv und verbraucht mehr Ressourcen als die Erzeugung von pflanzlichen Lebensmitteln. Dabei muss man beachten, dass die australische Bevölkerung bereits jetzt die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommt und in New South Wales sowie in Queensland unter Dürreperioden gelitten hat. Die Sensibilität für den Umweltschutz und die Folgen eines hohen Fleischkonsums für den Klimawandel ist deshalb im ohnehin trockenen Australien besonders hoch.
Hohe Fleischpreise fördern den Trend zur pflanzenbasierten Ernährung
Neben den Aspekten des Tierschutzes und der Gesundheit spielen auch die steigenden Fleischpreise eine Rolle dafür, dass die Branchen der Milch- und Fleischverarbeitung unter Druck geraten. Die sinkende Binnennachfrage führt dazu, dass die Industrie der Fleischverarbeitung sich zunehmend auf den Export ihrer Erzeugnisse konzentriert, der mittlerweile 60 Prozent der Einnahmen der Fleischverarbeitung generiert – Tendenz steigend.
Der australische Analyst James Caldwell befürchtet, dass aus den Entwicklungen langfristig ein Schaden für die folgenden Branchen resultiert:
- Fleischverarbeitung
- Viehzucht
- Herstellung von Käse
- Herstellung von Butter und anderen Milchprodukten
Vegane Produkte erobern die Supermärkte und Restaurants
Während die Branchen der Milch- und Fleischverarbeitung mit Absatzrückgängen kämpfen, boomt der Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel. Die Konsumenten zwingen Fast-Food- und Restaurant-Ketten sowie Supermärkte dazu, immer mehr pflanzenbasierte Lebensmittel oder Gerichte aufzunehmen. Eine steigende Nachfrage bewirkt wiederum eine Verbesserung der Qualität von pflanzenbasierten Nahrungsmitteln, denn die Lebensmittelindustrie lenkt den Fokus zunehmend auf innovative Verfahren der Verarbeitung von pflanzlichen Produkten. So ist es beispielsweise gelungen, die weltweit beliebte Eisspezialität Magnum auf rein pflanzlicher Basis herzustellen.
Vegane Produktinnovationen verdrängen Erzeugnisse der Fleischverarbeitung
Ziel der veganen Produktinnovationen ist es, sowohl den Geschmack als auch die Konsistenz von Fleisch zu imitieren, um den Fans leckerer Burger und Steaks Alternativen zu bieten, die nicht nur gesund, sondern auch schmackhaft sind. Den australischen Firmen Funky Fields und Beyond Meat ist es gelungen, Fleischersatzprodukte zu kreieren, die in den Supermärkten direkt neben den Fleischprodukten liegen und die durch steigende Nachfrage und stetige Verbesserungen sowohl im Hinblick auf den Preis als auch auf die Qualität konkurrenzfähig sind.
Proteinlieferanten auf Pflanzenbasis gelten für Wirtschaftsexperten als der Megatrend der Zukunft und werden noch vor Elektromobilität oder 3D-Druckern genannt. Es entsteht eine positive Spirale aus steigender Nachfrage, die wiederum zu Qualitätsverbesserungen führt, welche die Nachfrage weiter wachsen lässt.
Der Druck auf die Fleischindustrie wächst
Die Probleme mit der Binnennachfrage nach Produkten der Fleischerzeugung werden bisher erfolgreich durch steigende Exporte kompensiert, denn die australischen Erzeugnisse genießen weltweit einen sehr guten Ruf. Dennoch befürchten die Unternehmen der Milch- und Fleischindustrie mittel- und langfristig Absatzeinbußen. Deshalb haben die Firmenvertreter erwirkt, das pflanzenbasierte Ersatzprodukte nicht unter der Bezeichnung Milch oder Käse verkauft werden dürfen.
Fleischkonsum in der Europäischen Gemeinschaft
Der jährliche Fleischkonsum ist im Ländervergleich sehr unterschiedlich:
- Australien: 121,2 Kilogramm pro Kopf
- USA: 117,6 Kilogramm pro Kopf
- Europäische Union: 82,6 Kilogramm pro Kopf
- Südamerika: 78,4 Kilogramm pro Kopf
- Asien: 31,3 Kilogramm pro Kopf
- Afrika: 18,6 Kilogramm pro Kopf
Auch in den Ländern der Europäischen Gemeinschaft wird der Fleischkonsum kritisch hinterfragt. Gesundheit, Tierwohl und Umweltschutz bewegen in Deutschland und den anderen EU-Mitgliedstaaten immer mehr Menschen dazu, sich vegetarisch oder sogar vegan zu ernähren.
Wie hoch der Anteil der Menschen in Deutschland ist, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, ist umstritten. Gemäß der Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse waren 2018 6,31 Millionen Menschen laut Selbsteinschätzung Vegetarier und knapp eine Million Veganer. Darüber hinaus bemühen sich viele Menschen, den Fleischkonsum zumindest deutlich zu reduzieren. Der Anteil dieser als Flexitarier bezeichneten Bevölkerungsgruppe wird hierzulande auf 12 Prozent geschätzt. Die Tendenz geht in den anderen Ländern der Europäischen Gemeinschaft ebenfalls hin zu weniger Fleischkonsum.
Pflanzenbasierte Lebensmittel: EU Verordnungen regeln die Kennzeichnung
Laut EU Verordnungen dürfen Lebensmittel, die auf Pflanzenbasis hergestellt werden, nicht den Zusatz Milch oder Käse tragen. Soja-, Mandel- oder Reismilch sowie veganer Käse dürfen somit nicht unter dieser Bezeichnung verkauft werden.
Generell kritisieren die Verbraucherverbände, dass es für Veganer und Vegetarier nicht einfach ist, die Kennzeichnung der Lebensmittel zu durchschauen. Versteckte Zutaten und Uneinigkeit darüber, welche Qualitätssiegel gelten, erschweren den Konsumenten die Auswahl der Produkte. Besonders im Hinblick auf möglicherweise enthaltene tierische Substanzen wünschen sich Vegetarier und Veganer eine einheitliche Kennzeichnung.
Das Problem besteht darin, dass die Begriffe vegan und vegetarisch im Lebensmittelrecht nicht klar definiert sind. Das Verfahren der Herstellung bestimmt, ob es sich um Käse handelt (wird aus tierischer Milch gewonnen) oder um eine vegane Variante, die nicht als Käse bezeichnet werden darf. Für Fleischerzeugnisse gibt es eine derartige Beschränkung nicht.
Ist die Zukunft vegan?
Aufgrund eines steigenden Gesundheits- und Umweltbewusstseins ist der Fleischkonsum rückläufig, deshalb greifen immer mehr Verbraucher zu pflanzlichen Alternativen. Trotz sinkenden Konsums steigt jedoch in Deutschland die Menge des produzierten Fleisches, weil immer mehr Fleisch exportiert wird. Das bedeutet wiederum, dass auch in unserem Land ein Ende der Massentierhaltung nicht in Sicht ist, was sowohl ökologisch als auch im Hinblick auf den Tierschutz bedauerlich ist.
In den letzten 20 Jahren hat sich der Export von Fleisch sowie Milch nach China verdreißigfacht, wobei im Reich der Mitte vor allem Schweinefleisch sehr beliebt ist. Das hat wiederum dazu geführt, dass es für die Bauernhöfe auf dem Land wieder rentabel wurde, mehr Schweine zu züchten. Dabei ist festzustellen, dass sich die Fleischproduktion auf immer weniger Betriebe konzentriert, die wiederum mehr Tiere halten. Diese Entwicklung betrachten Umweltschützer mit Sorge und fordern strengere Regeln für die Tierhaltung und die Verarbeitung von tierischen Produkten.
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