Beim Begriff „Börse“ denken viele an Aktien, Fonds und Devisen. Aber auch Rohstoffe werden an speziellen Börsen gehandelt und bieten als Anlageform durchaus Potential. Die Chancen und Risiken beim Handel mit Rohstoffen.
Ein „Jahr der Rohstoffe“
Schon Anfang des Jahres sagte Rudolf Wittmer, Chefredakteur des Finanzportals boerse.de, voraus, dass 2017 ein „Jahr der Rohstoffe“ werde. Grund zu dieser Annahme gab ihm die Tatsache, dass fast alle bedeutenden Wirtschaftsmächte und -regionen der Welt, Anfang des Jahres ihre Wachstumsaussichten nach oben korrigierten. Hinzu kamen Ankündigungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, Milliarden in die US-Infrastruktur investieren zu wollen. Daraufhin schossen die Metallpreise in die Höhe.
Zwei Beispiele die zeigen: Der weltweite Bedarf an Rohstoffen wächst und wächst, gerade auch im Hinblick einer zunehmend ansteigenden Weltbevölkerung – mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Preise dieser Ressourcen sowie die Kurse an der Börse. Doch wie hängt all dies eigentlich zusammen? Was genau beeinflusst die Stabilität der Rohstoffpreise und wie lohnenswert ist es, als Privatperson in einen Rohstoff zu investieren?
Handel an der Börse: Rohstoffe als Anlageform
Längst handeln nicht nur Banken und Investmentgesellschaften an der Börse mit Rohstoffen, auch für Privatanleger kann der Handel mit Platin, Kupfer, Gold und Co., äußerst gewinnbringend sein. Private Anleger können aus einem großen Angebot an möglichen Produkten aus den unterschiedlichsten Segmenten und „Branchen“ wählen. Bis vor ein paar Jahren war das noch anders: Privatinvestoren blieb der Markt weitestgehend verschlossen und der Handel mit Rohstoffen war auch für Unternehmen mit noch mehr Risiken verbunden als heute.
Dann aber erlebte die Weltwirtschaft einen Boom und Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien erwachten – und damit der weltweite Hunger nach natürlichen Ressourcen. Die gestiegene Nachfrage hatte massive Auswirkungen auf die Kurse an den Rohstoffbörsen. Die Folge: mehr und mehr Teilnehmer am Markt wollten den Boom für sich nutzen. Im Zuge dessen schossen rohstoffbezogene Produkte, die von den Finanzdienstleistern angeboten werden, wie Pilze aus dem Boden. Produkte aus dem Rohstoffsektor, in die der Privat-Anleger heute investieren kann.
Natürliche Ressourcen: Man investiert in Sachwerte
Wer an der Börse Rohstoffe handelt, der investiert in Sachwerte bzw. Sachgegenstände. Damit unterscheidet sich die Anlageform z.B. massiv von Aktien, bei denen man in Anteile an einer Gesellschaft investiert. Ein Anteil an einem Unternehmen ist physisch nicht greifbar, das Kilo Kaffee, Gold, Silber oder Aluminium hingegen schon. Man legt sein Geld in tatsächlich vorhandene, natürliche Ressourcen an, die aufgrund ihres Gebrauchswerts aus der Natur gewonnen werden. An der Börse handelbar werden sie durch Rohstoff-Zertifikate oder -Fonds, in man anlegen kann. Diese Zertifikate und Fonds haben Einfluss auf die Entwicklung der Rohstoff-Basiswerte an den Märkten und bilden diesen ab.
Jeder Rohstoff bzw. Sachwert hat aber ein individuelles Eigenleben und unterliegt eigenen Gesetzen. Heißt: ob ein Kurs an der Börse steigt oder fällt hängt bei jeder Art von Rohstoff – egal ob Edelmetall oder Agrarrohstoff – von anderen Aspekten ab. Der Rohstoffhandel ist vielschichtig, komplex und bietet daher auch für erfahrene Investoren immer wieder Hürden und Herausforderungen.
Rohstoffmarkt und Handel an der Börse: Einflussfaktoren
Der Markt für Rohstoffe ist abhängig von verschiedenen Faktoren, die teils vom Menschen nicht beeinflusst werden können. Beispiel: das Wetter. Landwirtschaftliche Rohstoffe, wie Weizen, Hafer, Roggen oder Kaffee, sind stark von der Witterung abhängig, da das Wetter die Ernte bestimmt. Ist das Wetter kontinuierlich schlecht, fällt die Ernte weniger ergiebig aus als erhofft. Die Konsequenz: ein geringes Angebot, was den Preis nach oben treibt. Dies zeigt, dass der Markt recht risikobehaftet ist. Die Preise können innerhalb kürzester Zeit stark schwanken.
Aber auch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage sowie politische und wirtschaftliche Faktoren, beeinflussen den Rohstoffmarkt. Und: in Form sinkender oder steigender Kurse auch den Handel an der Börse. Das Preisniveau kann z.B. durch unvorhergesehene wirtschaftliche Ereignisse oder Staatskrisen, stark beeinflusst werden. Ein Beispiel, das uns gefühlt täglich in den Nachrichten begegnet: politische Krisen etwa im Nahen Osten, haben nicht selten einen schwankenden Brent-Ölpreis (Brent – die für Europa wichtigste Rohölsorte) zur Folge. Der Grund sind Unsicherheiten bei den Anbietern.
Rohstoffe als Anlageform: Nicht frei von Risiko
Die Tatsache, dass Kurse und Preise für Rohstoffe von derartigen, nicht beeinflussbaren Ereignissen abhängen, hat für den Privat-Anleger zweierlei Seiten: hohe Verluste sind ebenso möglich wie unerwartete, sehr hohe Gewinne. Wichtig aber: nicht alle Rohstoffe eignen sich gleich gut als Anlageform für jede Privatperson. Experten empfehlen daher Börsen-Unerfahrenen und Anfängern, beim Handel mit diesen natürlichen Sachwerten Vorsicht walten zu lassen.
Entscheidend ist, dass der Privat-Anleger seinen „Anlagenhorizont“ kennt. Das bedeutet: er muss klar zwischen nur zeitlich begrenzten, vorübergehenden Trends und langfristigen Auswirkungen auf die Preisstabilität, unterscheiden können. Doch in welche Ressourcen kann man eigentlich anlegen und wie werden sie gehandelt? Hier unsere Tipps, welche Rohstoffe sich im Depot gut machen.
Investieren? Aber in was?
Man unterscheidet klassischerweise vier Arten von natürlichen Ressourcen, in die auch die Privatperson Geld stecken kann: Edelmetalle, Industriemetalle, Energie- sowie Agrarprodukte.
Zu den Edelmetallen zählen Klassiker wie Gold und Silber, aber auch Ressourcen wie Platin oder Palladium, die weniger stark gehandelt werden. Grundsätzlich sind unter den Edelmetallen am ehesten Gold und Silber für Investitionen geeignet, trotz teils starker Instabilität und Schwankungen beim Preis. Nur temporär ins Depot aufnehmen sollte man hingegen Produkte jener „kleineren“, weniger stark gehandelten Metalle. Eine Faustregel besagt: nie mehr als fünf Prozent des (liquiden) Kapitals in Edelmetalle anlegen.
An der Börse werden zudem viele Industriemetalle gehandelt. Im Gegensatz zu den Edelmetallen, sind sie stark von der Wirtschafts- und Konjunkturlage der jeweiligen Staaten abhängig. Denn: sie werden industriell verwendet. Und wenn der Bedarf sinkt oder z.B. große Unternehmen aus der Kupfer-, Nickel- oder Zink-verarbeitenden Industrie Verluste einfahren, kann dies Auswirkungen auf die Kurse an der Börse haben. Industriemetalle sollten immer nur temporär ins Depot aufgenommen werden, da über lange Laufzeiten im Schnitt nur unterdurchschnittliche Renditen eingefahren werden.
Investieren in Energie- und Agrarprodukte: Tipps
Im Bereich „Energie“ ist der Rohstoff Öl ist ein Standard-Investment. Ähnlich wie Gold und Silber bei den Edelmetallen. Erfahrene Börsianer und Spekulanten können ihre Investitionen in (Brent-) Öl-Produkte oft nutzen, um kurzfristig zu zocken. Für den gemeinen, eher unerfahrenen Spekulanten ist Öl als temporäres Rohstoff-Investment nicht wirklich geeignet. Dafür als langfristige Geldanlage zur Absicherung. So können z.B. Ölinvestments gegen geopolitische Krisen in Staaten, die Öl exportieren, den individuellen Ölbedarf absichern. Als Schutz vor Preisanstieg.
Die Anlage in Rohstoffe aus dem Agrar-Sektor, ist zweifelhaft und teils stark umstritten. Nicht selten gehen mit der Entscheidung für oder gegen diese Anlageform auch Fragen der Vernunft und Moral einher. Viele Finanzdienstleister, etwa die Commerzbank, bieten Produkte aus dem Segment der „Grundnahrungsmittel“, wie etwa Weizen oder Kartoffeln, auch gar nicht erst an. Laut der Commerzbank legen unterschiedliche Studien nämlich einen Verdacht nahe: dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Lebensmittel-Spekulationen und steigenden Preisen für Agrarressourcen, besteht. Die Folge: ärmere Teile der Bevölkerung können sich die Lebensmittel schlicht nicht mehr leisten.
Börse Rohstoffe: Wie werden Ressourcen gehandelt?
Wer sich dazu entschieden hat, mit natürlichen Ressourcen an der Börse zu handeln, kann zwischen verschiedenen Anlagearten wählen. Zur Wahl stehen der direkte und indirekte Kauf. Direkter Kauf meint etwa, Gold- oder Silberbarren zu erwerben oder Terminkontrakte über Rohstoffe abzuschließen. Indirekter Kauf heißt z.B., Rohstoff-Aktien von Rohstoffproduzenten zu erwerben. Das Prinzip ist ähnlich wie bei der Geldanlage in Fonds, wenn man indirekt in die im Fonds enthaltenen Wertpapiere anlegt. Indirekter Kauf kann zudem bedeuten, Zertifikate oder ETCs zu erwerben.
Abhängig davon, mit welchen natürlichen Ressourcen gehandelt wird, spielen verschiedene Börsenplätze eine Rolle. Die New York Mercantile Exchange (NYMEX), die Warenterminbörse, ist die größte Rohstoffbörse der Welt. Andere wichtige Handelsplätze finden sich in Chicago oder auch London. In der englischen Hauptstadt liegt die wichtigste Rohstoffbörse für Industriemetalle.
Bildnachweis: © Shutterstock-Titelbild: Nerthuz, -#1 wk1003mike, -#2 near, -#3 Denizce, -#4 Jacek Fulawka